Remaraweng BoarischAussprache - Abriss der bairischen Grammatik Teil I - Lautlehre |
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Teil
I: Lautlehre
Lautlehre (Phonologie) hat mit den Buchstaben nur insoweit etwas zu tun, als die Laute mittels Buchstaben in die Schrift umgesetzt werden. Als grundsätzlich mündlich gebrauchte Formen der Sprache sträuben sich alle Mundarten von Natur aus gegen eine Festlegung in schriftlicher Form; eine „Dialekt-Orthographie“ ist nicht erstrebenswert. Alle, die sich anschicken, mundartliche Lautung schriftlich zu fixieren, stehen vor dem Problem, dies in eindeutiger und konsequenter Weise zu tun, um den Dialekt-Klang möglichst exakt zu vergegenwärtigen.
Die heutige Hochsprache und deren Orthographie-System als Ausgangspunkt für die Darstellung der bairischen Laute zu wählen, erscheint wenig sinnvoll, und zwar aus dem einfachen Grund, weil sich das Bairische in vielfacher Hinsicht nach anderen Gesetzmäßigkeiten entwickelt hat als die Hochsprache (siehe dazu § 3). Es wird bewusst der Terminus „Hochsprache“ verwendet – und nicht „Hochdeutsch“, „Standarddeutsch“ oder „Einheitssprache“; denn diese Bezeichnungen können zu Missverständnissen führen. Bairisch und Hochdeutsch stellen keine unüberbrückbaren Gegensätze dar – Bairisch ist auch Deutsch! – und sprachgeographisch betrachtet, ist das Bairische ein „hochdeutscher“ Dialekt (im Gegensatz zum Niederdeutschen); es existieren mehrere regionale Standards des Deutschen, und eine deutsche „Einheitssprache“ gibt es streng genommen überhaupt nicht. Das Deutsche ist charakterisiert durch seine regionale Vielfalt, auch auf hochsprachlicher Ebene, Deutsch ist eine eindeutig „plurizentrische Sprache“.
Die bairischen Laute sind in Gruppen zusammengefasst, zuerst kommen die Vokale, dann die Konsonanten. Erstere sind unterteilt in Monophthonge (einfache Vokale, §§ 8 – 9), Diphthonge (Zwielaute, §§ 10 – 11) und Nasalvokale (§ 12); es folgen einige Bemerkungen zu unbetonten Silben (§ 13). Die Konsonanten sind nach artikulatorischen Merkmalen zu Gruppen zusammengefasst: Verschlusslaute (§ 14.1) – Reibelaute (§ 14.2) – Nasale, Liquiden, Halbvokale (§ 14.3). Als § 15 folgt ein Kapitel zu ungewöhnlichen Konsonantenverbindungen wie z.B. „gschtr“ am Wortanfang oder „chzg“ am Wortende.
Keines der in der Sprachwissenschaft üblichen Transkriptionssysteme (Teuthonista, IPA u. dgl.) findet Anwendung. Die Schreibung bedient sich des normalen lateinischen Alphabets, ergänzt durch einige Zusatzzeichen (Diakritika), die in § 7 erklärt sind.
Für die Benutzer mag es hilfreich sein, in der ersten Spalte die hochsprachlichen Entsprechungen der bairischen Laute zu finden. Die gesamte Anordnung erfolgt jedoch nach Maßgabe der Laute des Bairischen. Die Nummerierung der bairischen Laute erleichtert Vor- und Rückverweisungen.
Dieser kleine Bairisch-Kurs steht unter der Überschrift
Remmaraweng Boarisch,
in die Hochsprache übersetzt: „Reden wir ein wenig Bairisch!“ – oder, eher der nördlichen Idiomatik entsprechend: „Lasst uns ein wenig Bairisch sprechen!“
An diesem Beispiel kann eine Auswahl von Lautgesetzlichkeiten aufgezeigt werden, die im Folgenden erläutert werden.
Rem
mar
a weng
Boarisch
Reden 1, 2, 3, 4, 5 wir 6 ein wenig 7 B 8ai 9 risch
1 Wegfall
von unbetontem e: reden >
redn (Elision, Synkope)
2 Einschmelzung
von d in das folgende n: dn
> n (Totalassimilation)
3 Angleichung
des n an den Anfangslaut des
Folgeworts: n-m > m (Assimilation)
4 Bairisch mir „wir“, hier in der „Anhängsel-Form“ ma (Enklitikon)
5 Kürzung des ursprünglich langen Vokals von reden vor Doppelkonsonant:
remm (Silbenschnittwechsel, Fortis-Silbe)
6 Vor dem vokalischen Anlaut der Artikelform a tritt das (ansonsten stumme)
r wieder in Erscheinung (als Hiat-Tilger,
„linking r“): mar-a
7 Verlust
der Silbenwertigkeit von -ig: wenig > weng (Assimilation)
8 Das
anlautende b ist stimmlos, nicht von p zu unterscheiden (Halbfortis)
9 Ahd./mhd.
ei > oa: Bairisch > Boarisch
Abkürzungen:
Ahd., ahd. = Alt-, althochdeutsch
Dim. = Diminutiv (Verkleinerungsform)
Hspr., hsprl. = Hochsprache (überregionaler Standard), hochsprachlich
Komp. = Komparativ (erste Steigerungsform)
Mhd., mhd. = Mittel-, mittelhochdeutsch
Pl. = Plural (Mehrzahl)
Sg. = Singular (Einzahl)
* Mit Asterisk versehene Wörter sind in den bairischen Dialekten nicht geläufig.
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