Remaraweng Boarisch

Grammatik

Richtungsadverbien (Einleitung)

 

Bairische Grammatik


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Owa, fiare, umme - wen e mog, na kumm e ...

Richtungsadverbien bestehen im Bairischen aus zwei Teilen. Es handelt sich um sogenannte deiktische (gesprochen de-iktisch, und bedeuten 'hinweisend') Ortsadverbien, weil diese sich immer auf den jeweiligen Sprecher-Standort beziehen.

Vorn steht, mit Betonung, die Angabe der Richtung

(z.B. auf-hin [auffi], ab-hin [obi], zu-her [zua, durch-hin [duri] etc.).

Der nachgestellte Wortteil zeigt dann die Perspektive des Sprechers an:

entweder

"-a" (Bewegung zum Sprecher her)
(z.B. auf-her
[auffa], ab-her [oba], zu-her [zua] etc.).

                                              oder

"-e" oder "-i" (vom Sprecher hin oder weg).
(z.B. auf-hin
[auffi], ab-hin [obi], zu-hin [zui] etc.).

Dabei fällt zunächst auf, daß die beiden Wortteile im Deutschen andersherum angeordnet sind:

Das "her" und das "hin" werden schriftdeutsche voran-, das bairische "-a" und das "-e" dagegen nachgestellt.


Diese
deutsche Wortstellung kommt im Bairischen nur zur Hervorhebung oder zur Verdeutlichung eines Gegensatzes vor.
Dann werden 'hea(r)-' und 'hii(n)-' vorangestellt und auch betont.

Beispiel: Owa soisd graggsln- ned hiinauf!. (Du sollst herab kraxeln, nicht hinauf″)


B
emerkenswert ist darüber hinaus, daß einige Richtungsadverbien im Deutschen - und erst recht im Englischen - weitaus unpräziser gebildet werden:

Ein "raus" oder "out" kann sowohl "heraus" als auch "hinaus" bedeuten. Das Bairische dagegen ist hier immer sehr exakt.

Zu beachten sind allerdings einige Sonderformen und Dialektunterschiede.

Und bitte, bitte, gehen Sie niemals
hoch. Das können Sie eh nicht, außer Sie sind es schon, z.B. Sie fliegen bereits in einem Flugzeug und sind bereits am Berggipfel. Warum?

Das Wort „hoch“ ist ein Eigenschaftswort, also ein Adjektiv (das nur ein ein Hauptwort, d.h. ein Substantiv beschreiben kann) und kein Adverb oder oder Umstandswort (das mit einem Verb verwendet wird).

Ein Berg kann hoch sein (weil er groß bzw. hoch ist), aber man kann ihn nicht „hochgehen". Man kann ihn auf Hochdeutsch „hinaufgehen", „hinaufklettern", „emporsteigen", „besteigen" oder in der Mundart „aufikraxln", aber man kann ihn genauso wenig „hochgehen" als wie „tiefgehen".

Man kann auch nicht z.B. „hochschauen″ oder noch schlimmer „hochkucken″, weil das „hoch″ hieße nur, dass man „in der Höhe″ wäre, nicht die Richtung, wohin man blickt. Man kann nur hingegen „hinaufschauen″ (bairisch „auffischaung″) vielleicht sogar etwas erhoben ausgedruckt „emporschauen″.

Das ist nicht korrektes Hochdeutsch, sondern schlichtweg norddeutscher Slang.



   

 

Die bairischen Richtungsadverbien und ihre deutschen Pendants

bairisch deutsch

auffa
auffe
herauf
hinauf
-------------------------------------------
aussa
ausse
heraus
hinaus
Den "au"-Laut gibt es in verschiedenen Dialektvarianten.
Der Unterschied liegt in der Aussprache des "a", die zwischen einem hellen "a" und einem dumpfen "o" variiert.
Man sagt z.B. "affe" im Nordbairischen, "auffe" im Mittelbairischen, "ooffe"in Ostösterreich und "ouffe" in Tirol.


eina
eine
herein
hinein
Der Richtungs-Wortteil ist "ei-". Das "n" dient zur Bindung vor den folgenden Vokalen.


fiara
fiare
hervor
(dorthin) vor
Der Richtungs-Wortteil ist "fia" - das "r" verbindet die beiden Vokale.


hindda
hindde
(nach hier) hinten
(nach dort) hinten
Der Richtungs-Wortteil ist "hindd-".
Ein Bindungs-"ar" kann nach Belieben eingefügt werden.
Das Ergebnis: "hinddara" und "hinddare".


iwa
iwe
herüber
hinüber
Hier bildet jeder Buchstabe einen Wortteil:
"i-" für die Richtung, "-w-" als Bindung und "-a" bzw. "-e" für die Perspektive.
Gebräuchlich sind auch die ausführlicheren Formen "iwara" und "iware".


umma
umme
herum
hinum
Auch hier kann man ausführlichere Formen verwenden: "ummara" und "ummare".


undda
undde
herunter
hinunter
Die Formen "unddara" und "unddare" sind möglich.
Allerdings kommt die Richtungsangabe "undd-" sowieso selten vor. Üblicherweise sagt man:
owa
owe
herab
hinab
Möglich ist auch "owara". Daneben gibt es die Sonderformen "oara" und "oa" (statt "owa") sowie "oi" (statt "owe").


zuara
zuare
herzu
zu (weg)
Der Richtungs-Wortteil ist "zua". Das Bindungs-"r" kann auch durch ein "w" ersetzt werden: "zuawa" und "zuawe".
Diese Formen sind die süd- und mittelbairischen. Im Nordbairischen dagegen heißt der Richtungs-Wortteil nicht "zua-", sondern "zou-". Die möglichen Formen sind "zouara" und "zoura" (statt "zuara") sowie "zou" (statt "zuare") - wobei hier das Perspektive-"e" einfach wegfällt.


hea
hii
heran
hin (an oder zu etwas)
Beide Perspektive-Wortteile werden weggelassen.
Statt "hii" ist, vor allem im Mittelbairischen, auch "one" gebräuchlich.



Es folgen die bereits angesprochenen betonten Formen mit umgedrehter, "deutscher" Wortstellung.
Alle sind möglich, aber nicht alle sind, wenn überhaupt, überall gebräuchlich.
Das "hea-" wird vor Vokalen durch ein Bindungs-"r" ergänzt.
Das "hii-" bekommt vor Vokalen ein Bindungs-"n".

Unterstrichen sind die Formen, die mit "hea" oder "hii" plus Richtungs-Wortteil gebildet werden.
Bei den anderen wird am Wortende sogar noch einmal der Perspektive-Wortteil wiederholt.

--------------------------------------------------------
hearauf/hiinauf
hearaus/hiinaus
hearei/hiinei
heahinddara/hiihinddare
heariwara/hiiniware
hearumm/hiinumm
hearunddara/hiinunddare
hearo/hiino
heafiara/hiifiare
heazua/hiizua



 

Seite zuletzt aktualisiert am 4. Dezember 2012

 

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