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Der Letschnbene in der
Schule Neuer Leitfaden leitet
Dialekt-Offensive im Unterricht ein
München - Bayerische Schimpfkanonaden wie etwa
"Du Letschnbene, wos machst denn hait fir a Gfrieß?" könnten
demnächst offizieller Teil des Schulunterrichts werden. Eine Rubrik
Schimpfwörter ist Teil des neuen Leitfaden, der Lehrer jetzt zum
Mundart-Unterricht animieren soll.
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Boarisch ist "mega-in"
- davon zeugen auch Asterix-Bände wie etwa "Auf geht's zu de
Gotn", die der Stuttgarter Ehapa-Verlag herausgebracht
hat.
Repro:
dpa | Wer es nicht weiß: Letschnbene
lässt sich von Benedikt ableiten, hat aber auch etwas mit der
"Lätschen" (hässlicher Mund) zu tun, die jemand zieht. Warum aber
wird Benedikt (immerhin der Name des Papstes) hier negativ
assoziiert? Das wäre wohl Stoff für eine spannende Deutschstunde und
ein Beispiel dafür, wie Dialekt sinnvoll in den Schulunterricht
eingebaut werden könnte.
Mundart soll dabei die Hochsprache ergänzen, aber nicht ersetzen,
betonte Kultusminister Siegfried Schneider bei der Vorstellung des
Leitfadens "Dialekte in Bayern". Es bestehe ja "kein Zweifel", dass
die fehlerfreie Beherrschung "der Standardsprache sowie mindestens
einer Fremdsprache" unverzichtbare Voraussetzung für Erfolg in
Schule und Beruf sei. Davon wolle er nicht abrücken, merkte
Schneider an, der den Leitfaden aber als "pädagogische
Notwendigkeit" einstufte. "Mir liegt die Mundart persönlich ganz
besonders am Herzen."
Obwohl der Minister mit seinem Eichstätter Zungenschlag
("bairische, fränkische und schwäbische Einflüsse") ein Fach
"Dialekt" ablehnt, war das Echo der Dialekt-Forscher freundlich. Die
Initiative sei ein "sehr zu begrüßendes Signal", sagte
Dialekt-Fördervereinschef Martin Bauer. Lehrer sollten endlich
unterbinden, "dass dem Schüler der Dialekt ausgetrieben", ja er
"schief angeschaut" wird. Neben dem Kampf gegen Diskriminierung
haben die Dialektologen auch ein pädagogisches Motiv: In den 1970er
Jahren, erklärt der Regensburger Sprachforscher Rupert Hochholzer,
sei Dialekt als "Sprachbarriere" angesehen worden. Ein Umkehrschub
setzte erst mit den Pisa-Studien ein - als sich herausstellte, dass
mit Bayern und Baden-Württemberg diejenigen Länder vorne lagen, in
denen Dialekte besonders vorherrschend sind. Ob hier aber die
Pisa-Erfolge nicht eher mit dem Schulsystem und Lehrmethoden
zusammenhängen, ist nach wie vor eine Streitfrage - ebenso wie die
Tatsache, dass in Großstädten mit Multi-Kulti-Klassen wohl kaum
jemand Bairisch verstehen könnte. Aber auch das ließe sich ja im
Unterricht trefflich erörtern. DIRK
WALTER
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26.01.2006 |
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