In dem Modegeschäft, in dem Mea arbeitet, ist es üblich, dass ein
anonymer Test\-einkäufer kommt. Der überprüft quasi inkognito die
Arbeitsleistung, das Auftreten. So ein Einkäufer nennt sich in der Branche
„Mystery Shopper”, und das gibt dem Ganzen etwas Geheimnisvolles, eben was
Mysteriöses.
In diesem Fall war der Test\-einkäufer eine Frau. Als die getarnte
Kundin in den Laden kam, hatte Mea eigentlich schon bei der Begrüßung
verloren. „Grüß Gott, derf i eana helfa?” Das waren zwei Fehler in einem
Satz: Dialekt und das Wort helfen, denn helfen lassen sich Kunden
grundsätzlich nicht, sondern sie lassen sich etwas zeigen. Jedenfalls
erhielt Mea Brosinger folgende Wertung vom „Mystery Shopper”: „Sehr
ordinärer bayerischer Dialekt.”
Bayerischer Dialekt fände die 25-Jährige ja noch ganz okay. Aber
ordinär? „Ich bin doch kein dahergelaufener Trampel”, wehrt sie sich.
„Seit wann ist denn ein ,Grüß Gott‘ ordinär? Wir sind doch in Oberbayern,
da ist doch bairisch nicht ordinär! Ich kann ja perfekt hochdeutsch, ich
dachte mir halt, dass die Kundschaft lieber bairisch hört.”
Harri Deiner vom Förderverein für Bairische Sprache und Dialekte, kennt
Mea Brosinger selbst als „kompetent, gepflegt und freundlich”. Deswegen
schrieb er gleich einen Brief, als er von der schlechten Note hörte. In
diesem urteilt er über die „Geheim-Kundin”: „Offensichtlich ist die
Einkäuferin nicht fähig, Nuancen unserer Sprache zu definieren. So kann
sie nicht unterscheiden zwischen freundlichem, heimatlich gefärbtem
Ausdruck in der Sprache und ordinärer Ausdruckweise, die nichts mit
Dialekt zu tun hat.”
Dass Dialekt kein Hindernis für eine Karriere sein muss, sieht man bei
Mea Brosinger. In dem Laden, in dem sie die negative Bewertung bekam,
arbeitet sie nicht mehr. Sie fängt demnächst in einem anderen Modegeschäft
an in höherer Position. \x14mc
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