Sepp Obermeier vom Förderverein Bairische Sprache und
Dialekte aus Konzell (Kreis Straubing-Bogen) schimpfte gestern: „Es
gibt auf der ganzen Welt keinen derben Dialekt und keine derbe
Sprache – höchstens derbe Ausdrücke!“ Kann das Bairische an sich
also gar nicht g’schert sein?
Vor dem Verwaltungsgericht war am Mittwoch der Fall des
Tramfahrers Heinz G. aus Hallbergmoos verhandelt worden. Als ein
Mann im Juni 2007 verbotenerweise mit dem Rad in seine Tram
einsteigen wollte, hatte ihn G. gerügt, geduzt und gegrantelt: „Für
mich bist a Arschgeign. Von den Stadtwerken heißt es nun, dieser Ton
sei „nicht mehr gesellschaftsfähig“.
Obermeier ist stinksauer. „Nicht gesellschaftsfähig? Wo kemma
denn do hi?“ Duzen gehöre zum Bairischen dazu. „Das hat mit
Respektlosigkeit nichts zu tun. Es ist Teil unserer Mentalität:
leben und leben lassen!“ Gut, „Arschgeign“… „Das ist ein
Schimpfwort. Aber da gibt’s schlimmere.“
Auch Dr. Bernhard Stör, Dialektologe und Dozent an der LMU, ist
dieser Meinung. „Es gibt derbe Ausdrücke in jeder Sprache, aber
keinen derben Dialekt.“ Wenn der Bayer „Stoa“ statt Stein sagt oder
„Fäid“ statt Feld, benutze er Laute, die es auch in anderen Sprachen
gibt, wie im Englischen. „Das Englische gilt als eine der
vornehmsten Sprachen!“ Bairisch zu reden sei deshalb in keiner
Lebenssituation zu derb oder gar unhöflich. „Es gibt nur einen
Grund, ins Hochdeutsch zu wechseln: Wenn mich mein Gegenüber nicht
versteht.“ Warum aber wird jemand, der tiefstes Bairisch spricht,
immer wieder als derb abgestempelt? Für Dr. Stör liegt das in der
deutschen Geschichte: Hitler plädierte für „ein Reich“ und eine
Sprache. Dialekte waren unerwünscht. „Dies hat sich in den Köpfen
gehalten“, meint Dr. Stör. Wenn auch die NS-Ideologie längst
Geschichte ist. Obermeier jedenfalls wird weiter für den Dialekt
kämpfen: „In Bayern g’hört Bairisch g’redt!“