Ob auf Englisch, Chinesisch, Lateinisch, Esperanto oder Jiddisch – so polyglott wie der „Struwwelpeter“ ist kein vergleichbarer Titel. Auch eine pfiffige Fassung in heimischer Mundart gesellte sich dazu.
Das Buch „Da owaösterreichische Struwwipeda“ verdanken wir Dr. Hans Dieter Mairinger (66) aus St. Georgen/Gusen. Der Soziologe und PÄDAK-Professor hat schon „Max und Moritz“, „Plisch und Plum“ oder „Der kleine Prinz“ auf Mundart umgetextet.
„Besonders schwierig ist die Übertragung im Versmaß“, sagt Mairinger. Er hat den „Struwwelpeter“ in „obderennsischer“ Mundart noch spritziger, witziger, geschmeidiger und treffsicherer gemacht.
Er „übersetzte“ Worte und Passagen eines Deutschen, den von uns bekanntlich die gemeinsame Sprache unterscheidet, anheimelnd und punktgenau.
Von Friederich bis Robert
Spielen wir also das vergleichende Sprachen-Match zwischen H(offmann) und M(airinger) durch:
Friederich: H: „Er schlug die Stühl’ und Vögel tot“; M: „Haut Sessln zaum, muaxt Vegl ab.“ Was auch treffsicherer ist, denn Sessel kann man nicht totschlagen. H: „Am Brunnen stand ein großer Hund, trank Wasser dort mit seinem Mund“ – womit denn sonst? M: „Am Brunn, da steht a Hund hibei, und sauft a bissl, is so frei.“
Paulinchen: Das Brand-Inferno unterscheidet sich schon im Titel. H: „Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug“; M: „Die tottraurige Gschicht mit de Zündhölzln“; H: „Paulinchen hört die Katzen nicht“; M: „Paulinchen lasst de Katzn plean“; H: „Und ihre Tränen fließen wie’s Bächlein auf den Wiesen“; M: „Und olle zwoa rean Rotz und Wassa, rundum wird’s nass und oiweu nassa“.
Schwarze Buben: Hoffmanns „Mohr“, heute in „korrekter“ Diktion nicht mehr üblich, mutiert bei Mairinger zum „Mual“. H: „Da kam der Ludwig hergerannt und trug sein Fähnchen in der Hand, der Kaspar kam mit schnellem Schritt“; M: „Da is da Ludwig kuma grennt mit an kloan Fahnl in de Hent, da Kaschpa plattlt a dahea“. H: „Die Buben aber folgen nicht und lachen ihm ins Angesicht“; M: „De Gfrießa awa foing halt net und lachn eam ins Gesicht saubled“.
Die Geschichte vom wilden Jäger: H: „Des Jägers Frau am Fenster saß und trank aus ihrer Kaffeetass. Die schoss das Häschen ganz entzwei. Da rief die Frau: O wei! O wei!“; M: „Am Fensta sitzt vom Jaga d’ Frau und trinkt Kaffee, da der Radau. Da Has schiaßt s’ Hefal auf zwoa Scheam, de Frau, de schreit: Jetzt muaß i steam“.
Der Daumenlutscher: H: „Bauz! Da geht die Türe auf, und herein in schnellem Lauf springt der Schneider in die Stub’ zu dem Daumenlutscherbub“; M: „Wusch, die Tia is offen glei, und herinnen – ans, zwa, drei – is da Schneida wia da Wind bei dem Daumenlutschakind“.
Suppen-Kaspar: H: „Am vierten Tage endlich gar der Kaspar wie ein Fädchen war. Er wog vielleicht ein halbes Lot – und war am fünften Tage tot“; M: „Am vierten Tag ganz fürchterlich, da is da Kaschpa wia a Strich. Er wiegt grad wia a Packl Geam. Am fünftn Tag wars aus mit eam“.
Zappel-Philipp: H: „Suppenschüssel ist entzwei, und die Eltern stehn dabei. Beide sind gar zornig sehr, haben nichts zu essen mehr“; M: „De Suppnschüssl is in Scheam, de Öltan, de is nur zum Rean. Si giftn si und fluachn laut, des Essn, des ist jetzt vasaut“.
Hans Guck-in-die-Luft: H: „Wenn der Hans zur Schule ging, stets sein Blick am Himmel hing“; M: „Da Hansi hat beim Schuiweggeh de Nasn oiweu in da Heh“. H: „Seht, nun steht er triefend nass. Ei, das ist ein schlechter Spaß!“; M: „Schaut’s jetzt stehta da begossen, gfehlt haum neta nu de Flossn“.
Fliegender Robert: H: „Wenn der Regen niederbraust...“; M: „Wauns so flesslt wia net gscheit...“
Das Buch
„Da owaösterreichische Struwwipeda“. Lehrreiche Geschichten und lustige Bülda nach Heinrich Hoffmann von Hans Dieter Mairinger. Verlag M. Naumann, 119 Seiten, 11,40 Euro.
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