München - Laut Unesco
sind Nord- und Ostfriesisch vom Aussterben bedroht. Nicht ganz so
schlimm schaut es beim Bairisch aus, doch es ist erstmals in die
Liste der gefährdeten Sprachen aufgenommen worden.
Vergangenes Jahr ist Marie Smith Jones gestorben
- und mit ihr die aus Alaska stammende Sprache
Eyak. Das gleiche Schicksal droht demnächst Livonisch aus
Lettland, das nur noch ein einziger Mensch
sprechen kann. In Deutschland ist Ostfriesisch am meisten gefährdet,
das in seiner Reinform nur noch 1000 Menschen sprechen können.
Bairisch dagegen reden noch 16 Millionen, auch in Teilen
Österreichs, Tirols und der Schweiz. Doch die Zahlen sind
rückläufig, weshalb die Unesco Bairisch erstmals als unsicher
eingestuft hat - die niedrigste von fünf Kategorien, aber ein
Alarmsignal.
Das ist beim Förderverein Bairische Sprache und
Dialekte längst angekommen. "Die Bedrohung ist da", sagt der
Vorsitzende Martin Bauer. "Aber es gibt Signale
einer Gegenentwicklung. Vor allem auch bei Jüngeren steigt die
Bereitschaft und das Interesse, Bairisch zu sprechen." Das werde
ihnen immer wieder zugetragen, auch Lehrer hätten ihm das bestätigt.
Ein anderes Thema sei aber, was das noch für ein Bairisch ist: "Wenn
ich den Dialekt nicht von kleinauf gewohnt bin und erst als
15-Jähriger entdecke, habe ich einfach einen eingeschränkten
Sprachschatz", so Bauer. Sein Förderverein-Kollege Sepp
Obermeier findet es "pervers", wenn Dialekt-sprechende Eltern
ihre Muttersprache nicht an die Kinder weitergeben. "Und spätestens
im Kindergarten wird die zarte bairische Sprachwurzel oft mit Stumpf
und Stiel ausgerissen", ergänzt Bauer.
Man könne Lehrer und Erzieher nicht per Verordnung zum Dialekt
zingen, sagt der Sprecher im Kultusministerium Ludwig Unger. "Der
Franke wird nicht oberbairisch lernen und umgekehrt, das hängt
einfach von der Herkunft ab." Dialekt werde in der Schule behandelt,
"aber die Vermittlung von grammatikalisch sauberem Deutsch steht im
Mittelpunkt".
Anthony Rowley, der für die Bayerische Akademie
der Wissenschaften das Bairische Wörterbuch erstellt, sagt, dass
sich die Gesellschaft ändere und mit ihr die Sprache: "Manche Wörter
sterben aus. Aber so schnell verschwindet das Bairisch nicht." Viele
Sprachen sind laut Unesco weltweit schon politischen Eroberungen zum
Opfer gefallen - Bairisch könnte irgendwann durch die vielen
Zuwanderer übernommen werden. "Bei vielen Zugezogenen ist es schon
ein Erfolg, wenn sie Verständnis fürs Bairisch haben", sagt
Bauer.
Boris Forstner