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ARTIKEL |
vom
27.02.2009
Dem Volk aufs Maul g’schaut
Die Kommission für Mundartforschung archiviert
seit 80 Jahren Dialektbegriffe aus Altbayern. Rund acht Millionen
Wort-Belege wurden bisher gesammelt - doch das Sprachforscher-Team
hat noch nicht genug.
Von Tanja
Rometta Das zu bewahren,
was den Mundartsprechern in Altbayern seit jeher wichtig ist und
woraus sie ihre Identität beziehen, das hat sich ein fünfköpfiges
Team der Kommission für Mundartforschung an der Bayerischen Akademie
der Wissenschaften in München zur Aufgabe gemacht: Seit 80 Jahren
werden dort Mundartbegriffe gesammelt, ausgewertet und archiviert.
Und daran kann jeder teilnehmen, der den Dialekt seiner Region gut
spricht. Im „Bayerischen Wörterbuch“ werden die Mundarten
Altbayerns (Ober- und Niederbayern, Oberpfalz und angrenzende
Übergangsgebiete ins Fränkische und Schwäbische) dokumentiert. „Und
zwar nicht nur die der Gegenwart, sondern auch der Vergangenheit“,
erklärt Dr. Andrea Schamberger-Hirt, die selbst aus dem
Landkreis Fürstenfeldbruck stammt. Viel zu tun also für sie und
die vier weiteren Fachwissenschaftler aus ganz Bayern, die sich alle
auf bairische Dialektologie spezialisiert haben. Darunter ist auch
ein Oberpfälzer, ein Oberfranke und eine Schwäbin. Und die werten
die schriftlichen Quellen vom 8. Jahrhundert bis heute aus: „Dazu
zählt auch die jüngere bairische Literatur, etwa von Emerenz Meier,
Franz Xaver Siebzehnriebl oder Reinhard Haller“, sagt
Schamberger-Hirt.
Ein Werk für Laien und Profis
Wichtig sei das Wörterbuch vor allem für Germanisten, Volkskundler,
Historiker - „also für all jene, die historische und auch aktuelle
mundartliche Sprachzeugnisse aus Altbayern verstehen wollen.“ Aber
auch Laien könnten sich gut in dem Nachschlagewerk informieren:
„Unsere Veröffentlichungen gibt es in allen großen Bibliotheken und
im Buchhandel.“ Die Geschichte der deutschen Sprache ist vor
allem die Geschichte der deutschen Mundarten, denn bis ins 19.
Jahrhundert hinein gab es in Deutschland keine einheitliche
Hochsprache. „Die meisten Leute haben so geschrieben und gesprochen,
wie es in ihrer Region üblich war“, weiß die Wissenschaftlerin. Erst
als im Jahr 1901 im Duden die amtlichen Rechtschreibregeln
festgelegt wurden, hatte man ein allgemein verbindliches Regelwerk,
an dem sich alle Regionen Deutschlands orientierten. Trotzdem sind
die Mundarten geblieben. Doch warum wird das Bayerische
Wörterbuch ausgerechnet von einem Engländer, Prof. Dr. Anthony R.
Rowley, geleitet? Andrea Schamberger-Hirt lacht: „Das ist kein
Widerspruch. Anthony Rowley gilt seit Jahrzehnten als einer der
besten Kenner und renommiertesten Erforscher der bairischen
Sprache.“ Dabei setzt das Team auf Fragebögen, die vier- bis
sechsmal pro Jahr an interessierte Wort-Sammler verschickt werden.
Acht
450 „echte Bayern“ sammeln Wörter
bis zehn Millionen Belege verschiedener Wörter sind in den 80 Jahren
zusammengekommen. „Momentan befragen wir rund 450 Sammler, aber es
dürfen auch gerne mehr werden“, sagt die Wissenschaftlerin und
erklärt das Spannende an ihrer Arbeit: „Wir lernen jeden Tag neue
Bedeutungen oder Bedeutungsnuancen eines Wortes, auch in welchen
Sprichwörtern und Redensarten es vorkommt. Ein spezielles
Lieblingswort hat Schamberger-Hirt nicht. „Aber wenn man der
Herkunft eines Wortes nachgeht, kann es schon sein, dass man sich
mal in ein Wort verliebt - ,da’utzn‘ ist zum Beispiel so eins.“ Dazu
muss man wissen: Utz ist eine Form des Namens Ulrich, und wer jemand
anderen da’utzt, der macht ihn zum Ulrich - er hänselt ihn.
Natürlich muss man sich als Mundartforscher auch in anderen
Sprachen gut auskennen: Im Bairischen gibt es viele Wörter, die
ursprünglich aus anderen, benachbarten Sprachen stammen.
Schätzungsweise stammen fünf Prozent der bairischen Wörter aus dem
Französischen und ein Prozent aus dem Italienischen. „Auch diese
Wörter nehmen wir, insofern sie eine eigene bairische Lautung und
Bedeutung haben, ins Bayerische Wörterbuch auf.“ Das Bayerische
Wörterbuch erscheint in Einzellieferungen von jeweils knapp 100
Seiten. Die jüngste Lieferung „bissig bis blatten“ ist gerade erst
erschienen.
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