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ARTIKEL |
vom
17.08.2009
Ist dumm, wer Dialekt spricht?
Lehrer aus dem Saarland
kritisiert niederbayerische Mundart - Sprachschützer weist
„Klischee“ zurück
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Sepp Obermeier ärgert
sich über den „hirnrissigen Vorurteilshammer“, der gegen den
Dialekt geschwungen wird.
(Foto: dpa)
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Von Petra
Grond München. Sepp Obermeier sieht ein riesiges
Sommerloch in Hamburg gähnen. Anders kann sich der Sprachschützer,
Vorsitzender des „Fördervereins Bairische Sprache und Dialekt -
Landschaftsverband Donau-Wald“, einen solch „klischeehaften Artikel“
gar nicht vorstellen. Der Grund seiner Verärgerung ist ein
Stoßseufzer in der online-Ausgabe des „Spiegel“: „Bloß nicht nach
Niederbayern!“ Auslöser ist natürlich der Dialekt, Stein des
Anstoßes ein Lehrer aus dem Saarland. Der Kunst- und
Englisch-Pädagoge wurde nicht etwa durch das Schicksal in
südostdeutsche Gefilde verschlagen - er bewarb sich freiwillig auf
eine Stelle als Seminarleiter und Fachreferent in einer
niederbayerischen Kleinstadt. Mit Erfahrungen aus dem Rheinland und
aus Franken glaubte sich der Mann (48) sprachlich gerüstet für jeden
Landstrich. Ein Irrtum. In aller Ausführlichkeit wird im Internet
sein Ringen mit den Anliegen der Schüler dargelegt, die
Vergeblichkeit, die Sprachbarriere durch eigenes Vokabel-Lernen zu
überwinden. Freundlicherweise hatten die Schüler ihrem sprachlosen
Lehrer sogar ein Lexikon „Deutsch-Bairisch“ geschenkt. „Auf die
Idee, dass die niederbayerischen Schüler den Lehrer aus dem Saarland
mit Freude derbleckt haben könnten, ist man wahrscheinlich nicht
gekommen“, mokiert sich Sepp Obermeier über die Naivität der
Klagenden. Schließlich würden Kinder heute schon früh vom Fernseher
„berieselt und sozialisiert von einer Mischung aus Standarddeutsch,
Fernsehdeutsch, Nordsprech und Kanaldeutsch“. Dass es da keine
Verständigungsmöglichkeit geben soll, will der Sprachschützer
einfach nicht glauben. Zudem sei es Aufgabe der Lehrer, die Schüler
bei ihrer Mundart abzuholen und behutsam an die Standardsprache
heranzuführen. Der Präsident des Bayerischen Lehrer- und
Lehrerinnenverbands (BLLV), Klaus Wenzel aus Deggendorf, hat
hingegen durchaus Verständnis für so manche Sprach-Barriere beim
meist staatlich verordneten Wechsel von einer Region zur anderen,
wie er vor allem bei Referendaren die Regel ist: „Wenn Sie eine
Klasse mit 30 Schülern haben, wovon zehn einen breiten Dialekt
sprechen, den Sie nicht verstehen - wie wollen Sie da unterrichten?“
Schüler müssten lernen, ihre Sprache anzupassen: Mit dem einen kann
man „reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist“, mit dem anderen
muss man „nach der Schrift“ sprechen. Dem würde auch Sepp
Obermeier kaum widersprechen. Aber Anpassung erwartet der Hüter der
Mundart eben auch von „zua- groasten“ Lehrern: „Von jedem
dialektunkundigen Filialleiter eines Supermarkts, der nach
Niederbayern versetzt wird, wird verlangt, dass er sich eine passive
Dialektkompetenz aneignet.“ Entsprechendes Engagement sei doch wohl
auch Lehrern zuzumuten. Im Kultusministerium wird das Problem
nicht so hoch gehängt, wie es die Hamburger einstufen. Sprecherin
Nicole Steinbach meint: „Die Mundart nimmt in der Schule keine
vorrangige Rolle ein.“ Die von dem Lehrer aus dem Saarland beklagte
Kommunikationsstörung sei jedenfalls „nicht flächendeckend“. Mundart
trage zur bayerischen Identität der Schüler bei und sei von daher
ausdrücklich erwünscht - neben der Hochsprache, versteht
sich. Doch Sepp Obermeier ereifert sich ja auch gar nicht nur
über die Dialekt-Feindlichkeit. Vielmehr sei die stets damit
einhergehende Unterstellung „Dialekt = dumm“ ein großes Ärgernis.
Zahllose Studien belegten schließlich das Gegenteil. Gerade weil
Kinder, die mit der Mundart aufwachsen, Hochdeutsch praktisch von
Grund auf lernen, seien sie nach anfänglichen Hindernissen bald
sattelfester als ihre schriftdeutsch sprechenden Klassenkameraden.
Und Obermeier hat gleich ein aktuelles Beispiel parat: „Michael
Jachmann aus Garmisch, der vor wenigen Wochen als noch 15-Jähriger
(!) sein Abitur ablegte, ist bekennender Dialektsprecher und aktives
Mitglied unseres Vereins.“
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