Seit Mitte der 1990er-Jahre gibt es die Dialekt-Band aus dem Lungau. Ihren Bezirk zwischen Tauern und Katschberg haben sie im Lied hinter sich gelassen. Die Kreise um den Begriff „Heimat“, einerseits formuliert als Angriff auf Klischees und Zug’naht-Sein, andererseits als Poesie auf Schönheit, Geborgenheit und Identität, beziehen sich längst auf ein Leben, das geografisch nicht mehr zu verorten ist. Das bestätigte schon der Titel des 2007er-Albums: „Hoamat-Welt“.
Heute, Donnerstag, erscheint ihr neues Album: „Spiaglliada“. Und es bleibt nur Staunen – darüber, wie sie ihrem Grundthema Heimat-Mensch-Beziehung neue Nuancen abgewinnen.
Wie schon früher – etwa beim Album „Fedang & Stoa“ (2003) – verweist der Titel „Spiaglliada“ auf zweifache Teilung. Die ganz formale Teilung – auf einer CD tauchen sensible, lyrische Songs auf, auf der zweiten kommt das ironisch-kritische Potenzial zum Vorschein – folgt der wechselnden Beobachtungsposition, aus der Sänger und Texter Fritz Messner seine Songs schreibt.
Poetische Inwendigkeit trifft auf markante Zustandsanalyse. Immer gab es im Werk der Querschläger beide Seiten. Messner habe bei früheren Veröffentlichungen oft gestört, „wenn zwischen der Poesie dann so ein kritisch-lustiges Lied daherkam und die Stimmung sich so abrupt ändert“. Logische Konsequenz: zwei Alben in einem Cover, die jedes für sich allein auch funktionieren, aber erst in ihrer Gesamtheit den beeindruckenden Überblick auf alle Schattierungen ermöglichen.
Oberflächlich betrachtet werden die Querschläger sehr oft
als
Songwriter-Band wahrgenommen. Oder anders gesagt: Fritz Messner ist der
wichtigste zeitgenössische, zeitkritische Dialektdichter Salzburgs – und
jenseits davon wird man nur schwer einen finden, der ihm Konkurrenz machen kann.
Er schreibt Lieder, seit er elf ist. „Ein Grundbedürfnis“, sagte er. Diese Texte
strotzen vor Wortkraft , egal ob sie die „Supa stars“ im TV belächeln, in fein
gesponnener Romantik das Leben ablaufen lassen („Wanns a Film war“), würdevoll
den Tod eines Lieben beklagen („Was bleibt?“) oder die mystische Schönheit von
Liebe und Land („Sunnawend Wand“ in einer neuen Version des Originals von 1998)
beschreiben.
Nach sechs Jahren, in denen alle Veröffentlichungen live aufgenommen worden waren, wurden die 21 Songs von „Spiaglliada“ im Studio eingespielt. Hörbar wird dabei, wie sehr die siebenköpfige Band eine Einheit bildet, für die Form und Inhalt gleichermaßen bedeutend sind und die beide Pole treffsicher zusammenfügt.
In den Kompositionen machen sie keine Fehler. Ohne die feinsinnige
Instrumentierung unter dem Musik-Mastermind Franz Tannenberger wären es „nur“
schöne Gedichte. So sind es kraftvolle Kunstwerke, die bei allem Popcharakter
niemals ihren tiefen Sinn auf dem Altar der Massenanbiederung opfern. In einer
Ausgewogenheit aus Zurückhaltung und Ausgelassenheit, in der Freiheit, sich bei
jedem Stil zu bedienen, wenn er nur der Aussage des Liedes dient, arbeitet diese
Band mit bestechender Genauigkeit. Sie enthalten sich gutmenschlicher
Landbeschönigung ebenso wie sie auf dumpfes Hinhauen verzichten, obwohl Ignoranz
und Arroganz schmerzen. Eben mittendrin stehen sie. Und nichts ist schwarz oder
weiß, differenziert, aber zum Mitsingen. Kritisch verträumt und böse
wortgewaltig, relevant und romantisch. Was bitte soll da noch kommen? Aber das
war ja schon vor zwei Jahren die Frage – und mit „Spiaglliada“ liegt jetzt die
Antwort im CD-Player.
© SN/SW