Deutsch statt
Englisch
Bahn mistet im „Sprachmischmasch“ aus
118.02.10|Bayern|Facebook
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Cham/München – Franz Aschenbrenner (68) geht immer dann auf
die Barrikaden, wenn er über seiner Ansicht nach unsinnige
„Denglisch“-Begriffe stolpert - wie jetzt bei der Deutschen Bahn.
© dpa
Der Service Point der Bahn könnte bald wieder Schalter
heißen.
Franz Aschenbrenner will nicht vom „Kampf“ sprechen. Doch eines lässt sich
nicht leugnen: Der 68-Jährige hat sich dem Erhalt der deutschen
Sprache verpflichtet. Der pensionierte Berufsschullehrer geht immer dann auf die
Barrikaden, wenn er über seiner Ansicht nach unsinnige
„Denglisch“-Begriffe stolpert – nicht selten ist er erfolgreich.
Zusammen mit dieser Zeitung hatte Aschenbrenner im April 2009 den bayerischen
Gesundheitsminister Markus Söder dazu gebracht, die Kampagne gegen jugendlichen
Alkoholkonsum „Be hard, drink soft“ in „Starker Wille statt Promille“
umzutaufen. Zuletzt knöpfte der Oberpfälzer der Deutschen Bahn das Versprechen
ab, künftig weniger englische Ausdrücke zu verwenden.
Der Auslöser: Der Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken hatte sich für eine
Kurzparkzone am Straubinger Bahnhof eingesetzt. Die Lokalzeitung titelte
„Hinsken für Kiss & Ride“. Aschenbrenner stutzte bei der Lektüre – und
setzte sich postwendend an den Schreibtisch. „Hinsken für Küssen und Reiten?“,
schrieb er süffisant an den CSU-Politiker. Das verwirre ihn.
Tatsächlich bedeutet das übersetzt so viel wie „Kuss & weg“ – und richtet
sich an Autofahrer, die parken, einen Bahnreisenden zum Gleis bringen, (mit
einem Küsschen verabschieden) und nach wenigen Minuten wieder fahren. Doch das
könnte man auch „Kurzzeitparkzone“ nennen, findet der 68-Jährige. Er
bat Hinsken, dem „allgemein bekannten Drang der sogenannten Deutschen Bahn
entgegenzuwirken, bisher verwendete deutsche Bezeichnungen auszumerzen und
deutsche Bezeichnungen für neue Einrichtungen zu vermeiden“.
Hinsken wandte sich an den Konzern und tatsächlich versprach der
Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube, künftig englische Begriffe zu vermeiden.
Flyer sollen wieder Broschüren, Counter wieder Schalter heißen – nur etablierte
Marken wie „BahnCard“ oder „Intercity“ sollen bleiben.
Was Aschenbrenner und bairische Sprachpfleger freut, macht den Besuch in
Deutschland für ausländische Gäste künftig etwas komplizierter. Die
Anti-Denglisch-Aktion hat inzwischen sogar die britische
Rundfunkanstalt BBC alarmiert. Der Autor des Beitrags mit dem Titel „German
railways shunt English into sidings“ („Deutsche Bahn schiebt Englisch auf das
Abstellgleis“) schildert, wie er kürzlich auf einem deutschen Bahnhof war – und
sich wegen der Fülle an englischen Begriffen außerordentlich gut zurecht fand.
Doch damit sei wegen Aschenbrenners Initiative jetzt Schluss: „Noch bevor man
das Wort ,Inter City Express‘ auch nur aussprechen kann, wurden Änderungen
durchgeführt“, spöttelt der Journalist, der gar von einem „teutonic facelift“,
einer teutonischen Rundumerneuerung, spricht. Bundesverkehrsminister Peter
Ramsauer (CSU) hat allerdings keine Sorge, dass die Bahn künftig weniger
international sein könnte. Der „Sprachmischmasch“ sei für Gäste aus dem Ausland
teilweise auch nicht verständlich.
Franz Aschenbrenner weiß schon, dass er vielen deutschen
Bahn-Kunden, vor allem älteren Semesters, einen großen Gefallen getan
hat. Kürzlich stand der ehemalige Berufsschullehrer für Englisch und Wirtschaft
hinter einer Seniorin am Fahrkartenautomat. Diese drehte sich entnervt um und
fragte: „Wissen Sie, wos „zanzl“ hoaßt?“ Sie kam mit der Taste „Cancel“
(Abbrechen) nicht zurecht.
von Carina Lechner
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