Von Pfundhammeln und Loamsejdern
Bairisch-Spezialist Professor Ludwig Zehetner sprach beim Kunst- und
Kulturverein
Zwei Freunde des Bairischen unter sich: Josef "Bäff"
Piendl und Professor Ludwig Zehetner.
Professor Ludwig Zehetner ist ohne Frage einer der renommiertesten Kenner und
Erforscher des Bairischen, er schöpft aus großem Wissen; aber er konnte sich
halt während seines Vortrags auch nicht "derbremsen" (ein bairisches "der-Verb",
genau wie "derrennen" oder "derschnaufen"), immer wieder auf die von ihm
erschienenen Bände "Basst scho" oder "Bairisches Deutsch" hinzuweisen, die in
der Pause auch gerne von ihm signiert und verkauft wurden.
Nichtsdestotrotz: Es war ein Abend voller Schmunzeln in den Gesichtern
der zahlreichen Zuhörer, die zustimmend nickten, angeregt diskutierten und
herzhaft lachten ob zünftiger bairischer Phänomene. Kulturvereinsvorsitzende
Elisabeth Ertl konnte kürzlich eine sehr gut gefüllte Fronfeste mit launigen
Worten willkommen heißen.
Es war eine Hommage, eine Lobrede auf das Bairische. Zehetner hatte die
Zuhörerschaft ganz auf seiner Seite, als er die Mundart der Oberpfälzer als
"eigenständige und ehrwürdige Form des Bairischen" bezeichnete. Warum solle
etwas unästhetisch sein, das Laute wie das edelste Englisch in sich vereine:
Vergleiche man doch nur englisch "made" (gemacht) mit "mejd" (müde) oder coat
(Mantel) mit der Lautung von Humus, Erde "Kout". Außerdem, so der Professor, sei
der bayerische Dialekt gestützt auf ein sauberes sprachliches System und
keineswegs ein Durcheinander, wie es böse Nicht-Dialektsprecher-Zungen behaupten
könnten.
Einen Einblick in die kunstvollen Gebilde bot der Sprachforscher: Die
Bereiche Lautung, Grammatik und Wortschatz erschienen in Schlaglichtern. Da
wurde dem Zuhörer deutlich, wie verbreitet im Dialekt der Konjunktiv ist und
welche sensiblen Nuancen in der Kommunikation er auszudrücken vermag: "Der
Huaber waar da" sagt man und nicht "ist da". Ein Mittel der Beiläufigkeit, des
Sich-Nicht-Aufdrängen-Wollens. "Eitz waar ma viere...", wird mit Blick auf den
vierten Mann am Stammtisch festgestellt: Für den, der sich auskennt, klar: Die
Partie Schafkopf ist nun gleichermaßen möglich wie fällig.
Auch bei den Verhältniswörtern ist das Bairische wohl schon immer eigene
Wege gegangen: Zum Beispiel in Sachen Schule. Wenn es im Rest der Republik
heißt: "ich gehe zur Schule", so sagt das bayerische Schulkind, es gehe "in die
Schule". Da durfte die Anmerkung Zehetners nicht ausbleiben: "Kein Wunder, dass
Bayern bei der Pisa-Studie besser abschneidet als manch anderes Bundesland; es
reicht eben nicht, nur in Richtung der Schule zu gehen, man muss schon auch
hinein gehen, um etwas zu lernen."
Ein Mysterium, das sich selbst lange Eingesessenen nicht immer völlig
erschließt, ist laut Zehetner das System der Orts- und Richtungsangaben in der
Mundart: Der Bayer präzisiert gerne, wenn er über seine Heimat spricht.
Allerdings abhängig vom eigenen Ausgangspunkt und Wohnort. Nach Furth fährt der
Rodinger etwa "hinte", nach Straubing "ausse", nach München "auffi".
Unübertroffen und nicht selten ein Schmunzeln hervorrufend sind die
vielen bildhaften Vergleiche, von denen Zehetner eine kleine feine Sammlung
bereit hielt: Da hieß es "aufpassen wie ein Haftlmacher", es ging um "saufende
Bürstenbinder", und um den, der "dreinschaut wie ein Denglhammer". Macht jemand
einen kränklichen Eindruck vergleicht man ihn schon mal "mit dem Tod von
Ötting", beziehungsweise mit dessen Geschäftsreisendem.
Da hat einer "gspiem wej a Houzathund" oder "zahnt wej a Hausmorder".
Wohl aus der bäuerlichen Erlebniswelt stammt der Spott über jenen, der beim
Pflügen (bairisch: ackern) unregelmäßige Furchen zieht: "Der ackert wia der
Saubär brunzt": Vor dem geistigen Auge taucht da der im Schnee galoppierende
Eber auf, der Wasser lassend eine Zick-Zack-Spur hinterlässt.
Nach manchmal etwas unstrukturiert scheinenden Einblicke in seine bisher
erschienenen Bücher bot Zehetner auch einen Blick durch'sSchlüsselloch ins
Manuskript des gerade entstehenden dritten Bandes, der - neben vielem anderen -
ein Sammelsurium bairischer Schimpfwörter für männliche Objekte enthält: Da gibt
es den Deppn und den Affen in verschiedenen Schattierungen (Dultaff, gselchter
Aff...), Hornochs und Hammel, verschärft: Pfundhammel. Aber auch Moosbummerl,
Loamsejder, Strieze, Baazi.
Der interessierte Rodinger erfuhr in einem kleinen Exkurs zum Lokalen:
Der Ortsname Kreith, eigentlich Kreuth, verweist auf gerodete Flächen.
Berufsbezeichnungen wie Brand, Schlag oder Gschwendner, hängen mit der Tätigkeit
des Rodens zusammen. Und auch vom Backwerk "Pankratius-Zelten" war die Rede. Ein
reichhaltiger Vortragsabend!
ANZEIGE