Remaraweng Boarisch

Sprachgeschichte

Die Sprachwurzeln des Bairischen reichen mehr als 1500 Jahre zurück

 

Die meisten bairischen Mundartwörter können auf eine lange Sprachgeschichte zurückblicken. Ihre Wurzeln reichen bis in die althochdeutsche (ahd. ca. 750-1050) oder mittelhochdeutsche (mhd. 1050-1350) Zeit zurück.

 

Wörter, die weit über ein Jahrtausend lang auch als geschriebene Sprache im Gebrauch waren, werden leider oft heutzutage als „rückständige, unzeitgemäße” Relikte längst vergangener Epochen angesehen. Dabei können Mundartsprecher stolz darauf sein, eine Sprache zu beherrschen, die sich Teil eines europäischen Kulturguts nennen darf.

 

Ein überwiegender Teil der frühesten Zeitzeugnisse deutscher Literatur und Kultur ist im bairischen Deutsch verfaßt, beginnend mit dem um 790 in Freising geschriebenen Abrogans einem handgeschriebenen lateinisch-althochdeutschen Wörterbuch. Der Abrogans wurde nach seinem ersten Eintrag benannt: abrogans = dheomodi (bescheiden, demütig). Er enthält ungefähr 3.670 althochdeutsche Begriffe und ist damit eine wertvolle Quelle der damaligen Sprache.

Bairisch ist die Sprache des Muspilli – das um 870 entstandene Werk ist auf einigen freien Seiten und Seitenrändern einer Handschrift aus dem Besitz Ludwigs des Deutschen aufgezeichnet  des Wessobrunner Gebets (ca. 790) und des Hildebrandlieds.

Bis zum Ausgang des Mittelalters war das Oberdeutsche – das Bairische und das Alemannisch-Schwäbische – ­die in den Handschriften am meisten verwendete Form des Deutschen. Das spätmittelalterliche Deutsch (1250-1500) basiert weitgehend auch auf dem Bairischen.  Die Entwicklung der bairischen Mundarten war im Wesentlichen bis zum Ende des 13. Jahrhunderts abgeschlossen. Sie haben etwa ein Viertel des deutschen Sprachraums umfaßt – wie auch heute noch.

Gliederung der alt- und mittelhochdeutschen Epochen:

Althochdeutsch (ahd.) ca. 750-1050)

Mittelhochdeutsch (mhd.)

  • Frühmittelhochdeutsch (1050–1170)

  • klassisches Mittelhochdeutsch (1170–1250)

  • Spätmittelhochdeutsch (1250–1350)

 

 

Schriftsprache

Mittelhochdeutsch

Mundartlich Entsprechungen aus dem Mittelbairischen u. Südbairischen

 

nordbairisch
(i.E.)

mittelbairisch südbairisch

a (aa)

Sack

blasen

a

â

sac

blâsen

ọ (); a

; o

Sọg, Sọọg

 blọsn, blousn, blọusn

Sọg (Såg)

 blọsn (blåsn)

Sọkch

plọse (Tirol)

e (ee)

heften

lecken

Klee

e

ë

ê

heften

lëcken

klê

e

ę

ę: ea

hefdn

läcka

Gläi, Glei, Glai

hefdn

lęka

Glę

heftn

lękckn

Kchlęa

i (ie)

sitzen

i

sitzen

i

sitssn

sitssn

sitsse (Westtirol)

o (oo)

Schober

Brot

o

ô

schober

brôt

o

ọ, ęọ, ọę,

ọu; ọa

Schowa

Broud, Bråud 

Schowa

Brọd, Brọęd, Bręọ, Brọud, Brọud

Schober

Prọad

u putzen

gut

Hut

u

uo

 

putzen

guot

huot

u

ua, ui; ue

ou, ua

 butssn

goud 

houd

butssn

guad, guid

huat, huad

putsse (Westtirol)

guat, guet

huat, huad

au glauben

Haus

ou

û

glouben

hûs

au, a; ou

au; ū

glaum, glọọm, glaam

Haas, Họọs

glaubm, glaam

Haus

glabm
 

Haus

eu heuer

Heu

iu

öu

hiure

höuwe

eo, oe; ui; ai; öü

ai, (a); öü

  heo(r),
hoe(a)
(OÖ)

Hai

huire, haia

Hai

ei (ai) Weide

breit

weit

ei

ei

î

weide

breit

wît

ọa (a)

ọa (a)

ai; î

 

bruat, broat, broit

wäät, wäit

Wọad

broat

waid

Woade (Tirol)

wait

ie schießen

 

 

Fieber

ie schieen

 

 

fieber

ui, eo, oe, ia schuissn, schoissn, scheissn

 

 

Fäiwa

schuissn , scheossn, schoessn , schiassn (jüngere, schon weit verbreitete Lautung)

Fiawa

schiassen (Tirol), schiasn (Kärnten)
ä Nächte

ich wäre

ä

æ

nähte

ich wære

a; ę

a

 

i waa

Nachd

i waa

Nacht

i war

ö Böcke

böse

ö

œ

böcke

bœse

e

ę, ęa

Bek

bęs, beis

Bek

bęs

Peck

pęas

ü Hütte

hüten

müde

ü

üe

üe

hütte

hüeten

müede

i

ia

äi, ia

 

 heitn

mäid

Hitn

hiatn

miad

Hitte, Hittn

hiate (Tirol)

miad

äu -

Häuser

-

iu

-

hiuser

-

ai; ü

 

Haisa, Hääsa

siehe eu

Haisa, Hoisa

siehe eu

Haiser

 Quellen

empfohlene (externe) Verweise:

  

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Seite zuletzt aktualisiert am 13. Jänner 2012

 

Copyright geschützt - Marc J. Giegerich

 

 

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